Bouffier startet Kuschelrunde im Landtag

Auch für mich als Landtagsabgeordneten ist es spannend, wenn ein neuer Ministerpräsident seine Arbeit aufnimmt. Gestern hat Volker Bouffier in seiner ersten Regierungserklärung als Ministerpräsident der Öffentlichkeit gezeigt, wie er sich seine Arbeit als frisch gewählter Landeschef so vorstellt. Für diejenigen unter uns, die als Opposition die Verpflichtung haben, die Regierung kritischer zu betrachten, ist das natürlich noch mal besonders spannend. Volker Bouffier musste bei seiner Regierungserklärung einen schwierigen Spagat schaffen: Einerseits konnte er nicht einfach seinen Vorgänger kritisieren, denn Bouffier hatte als Innenminister an der Politik von Roland Koch fleißig mit gewerkelt. Anderseits wollte er sich unbedingt von ihm absetzen und eigene Akzente setzen, schließlich macht es niemandem Spaß, ständig im Schatten seines Vorgängers zu sitzen.
Umso weniger überrascht es einen dann, wenn die Regierungserklärung den Titel „Gemeinsam für ein starkes Hessen" trägt. Genauso wenig verwundert einen Bouffiers Erkenntnis, dass die Menschen genug von purer Parteipolitik haben. Es ist klug von ihm, dass er diesen Punkt erst nach der Besetzung seiner Ministerposten von uns einforderte, vorher hätte er vielleicht selber so handeln müssen.

Ansonsten kann ich zur Regierungserklärung von Volker Bouffier sagen, dass er diese zu großen Teilen und ohne Probleme auch auf einer SPD-Mitgliederversammlung hätte halten können. Er lobte die Gewerkschaften, Arbeitgeber, Polizei, Lehrkräfte und Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, gleichermaßen. Er betont, dass die Menschen vor den Wirtschaftinteressen stehen und wünscht sich ein neues Miteinander, denn jeder sei wichtig, und Ellenbogenmentalität ist fehl am Platze. Lieber Herr Bouffier, ich wünschte mir von ganzem Herzen, dass dies der neue Politikstil der Landesregierung werden könnte und ich wünschte mir zudem, dass Sie bereits als Innenminister einmal eine solche Kuschelrede gehalten hätten.

Über die Politik von Roland Koch wurde in den vergangenen Jahren sehr viel gesagt und geschrieben. Bouffier hat neue, eigene Akzente im Vorfeld seiner Regierungserklärung angekündigt. Diese möchte ich kurz einmal aufzählen: Kommunaler Schutzschirm, Errichtung Familienzentren und Landesstiftung „Miteinander in Hessen". Ja, das war’s. Mehr Neues gab’s nicht.

Ich möchte einmal auf diesen Kommunalen Schutzschirm zu sprechen kommen. Bouffier möchte einen Fonds von bis zu drei Milliarden Euro schaffen, der Kommunen in Not dabei helfen soll, ihre Aufgaben vernünftig wahrnehmen zu können. Das hätte die Landesregierung auch einfacher haben können, indem sie den Kreisen, Städten und Gemeinden nicht ab nächstem Jahr knapp 400 Millionen Euro aus dem sogenannten „Kommunalen Finanzausgleich" jährlich kürzt oder mit ständig neuen teuren Pflichtaufgaben überhäuft. Das kann er aber nicht sagen, weil er ja dann eingestehen müsste, dass die Opposition mit ihren Forderungen im Recht ist. Da wären wir übrigens wieder bei den Stichwörtern „Miteinander" und „Parteipolitik".

Mich würde interessieren, wie Sie über unseren neuen Ministerpräsidenten Bouffier und seine Regierungsmannschaft denken? Bitte schreiben Sie mir an: h.lotz@nullltg.hessen.de.

Neu im Amt ist auch die Umweltministerin Lucia Puttrich. Ihren ersten Auftritt in der Plenarsitzung des Hessischen Landtags hatte sie noch vor der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten. Während der Fragestunde, die traditionell am Anfang jeder Sitzung steht, fragte ich sie, welche Sicherheitsmaßnahmen das Umweltministerium habe, um weitere Vorfälle im Kohlebunker des Kraftwerks Staudinger zu verhindern. Die Antwort war, dass die Sicherheit des Kraftwerks Staudinger nicht in die orginäre Zuständigkeit der Landesregierung falle und ich mich doch bitte an die zuständige Behörde richten möchte. Ich bin beruhigt, denn spätestens ab da war mir klar, dass ich mich nicht all zu sehr auf eine neue Regierung umstellen muss.