Fragwürdige Methoden?

Heinz Lotz, Mitglied des Hessischen Landtags

In der heutigen Ausgabe meiner Kolumne möchte ich auf das Thema „fragwürdige Methoden“ zu sprechen kommen. Der Grund ist einfach: ich bin stinksauer! Am Montag vor einer Woche traf sich eine Gruppe von Leuten, um vor dem Amtsgericht in Schlüchtern eine Mahnwache abzuhalten. Der Arbeitskreis „Pro Amtsgericht“ hatte dazu aufgerufen und die Veranstaltung ordnungsgemäß angemeldet. Gäste waren unter anderem Landrat Erich Pipa und ich. Und nun der Hammer: Der FDP-Landtagsabgeordnete Alexander Noll schrieb darauf in einer Pressemitteilung, der Arbeitskreis agiere mit fragwürdigen Methoden und wage es Druck von der Straße auszuüben. Ja, wo sind wir denn? In Deutschland ist das Demonstrationsrecht ein Grundrecht. Die Versammlungsfreiheit ist im Artikel 8 des Grundgesetzes verankert. In anderen Ländern sterben Menschen dafür, um ihre Meinung frei äußern zu dürfen!

Weit über hundert Menschen kamen innerhalb der vergangenen Woche auf den Straßen Kairos ums Leben, weil sie demokratische Verhältnisse wollen. 1989 protestierten in Dresden, Leipzig, Plauen und anderen Städten die Menschen, um gegen das DDR-Unrechtsregime zu demonstrieren (ich weiß noch sehr genau, wie wir damals alle die Luft anhielten – wir hatten ja noch alle die furchtbaren Szenen von dem Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens in Peking vor Augen). Und dieser FDP-Politiker hat nichts anderes zu tun, als eine Mahnwache vor dem Amtsgericht als fragwürdig zu bezeichnen.

Es handelt sich bei den Menschen des Arbeitskreises „Pro Amtsgericht“ nicht um einen randalierenden Mob, der auf dem Weg zum Amtsgericht die Metzgerei um die Ecke plündert. Es handelt sich hier um Menschen, die friedlich ihr Grundrecht ausüben, die ihre Meinung öffentlich und frei äußern. Mal ganz ehrlich: Die Menschen in Ägypten, Afghanistan oder Iran würden uns den Vogel zeigen, wenn sie hörten, dass bei uns derartige Aktionen als „fragwürdige Methode“ bezeichnet werden.

Als Grund für die Schließung des Amtsgerichts wird immer wieder die Kostenersparnis genannt. Den Beweis für diese Ersparnis ist das Justizministerium immer noch schuldig. Wir sollten uns aber eigentlich eine ganz andere Frage stellen: Wie viel ist uns das Amtsgericht in Schlüchtern überhaupt wert?

Und wo ich gerade dabei bin: Ebenfalls typisch für solche Politiker ist es, zwei unterschiedliche Sachen miteinander zu vermischen. Da wird die Schließung des Amtsgerichts legitimiert, weil ja schließlich das Landratsamt auch aus Schlüchtern abgezogen wurde. Da könnte man genauso gut sagen, dass es ok ist zu versuchen, Landrat Erich Pipa und mich mithilfe eines Wasserwerfers von der Mahnwache zu spülen, weil in Berlin bei einer Demonstration mit Steinen geworfen wurde.

Deshalb hier noch einmal für alle, die es nicht mitbekommen haben: Man kann sich drehen, wenden und winden wie man will, die Schließung des Amtsgerichts in Schlüchtern ist nichts Gutes. Deshalb sollten sich viel mehr Menschen an solchen „fragwürdigen Methoden“ beteiligen. Die nächste Gelegenheit dafür ist übrigens eine Bürgerveranstaltung am Donnerstag, 10. Februar um 18 Uhr, in der Stadthalle Schlüchtern. Dort wird Justizstaatssekretär Dr. Rudolf Kriszeleit Rede und Antwort stehen. Ich hoffe, dass viele Menschen kommen.

Ich finde es gut, dass wir in Deutschland unsere Meinung frei äußern dürfen. Nun ist es jedoch nicht für jeden so einfach seine Meinung in die Welt zu posaunen wie für einen Landtagsabgeordneten. Deshalb sind friedliche Demonstrationen, z.B. Mahnwachen, so wichtig. Ich möchte Sie ermutigen sich an derartigen fragwürdigen Methoden zu beteiligen. Auch wenn ich mir jetzt vielleicht ins eigene Fleisch schneide: Nerven Sie bitte uns Politiker. Wenn Ihnen etwas stinkt, dann lassen Sie uns das auch hören. Wenn Sie alleine nicht laut genug sind, suchen Sie sich Verstärkung. Das ist nichts Verbotenes, das ist Demokratie.

Gerne können Sie bei mir anfangen! Ihren Kommentar oder Ihre Frage können Sie mir wie immer an h.lotz@nullltg.hessen.de senden.