
Sicher, es wäre schöner gewesen, wenn Frau Merkel eines Morgens – nach einem zuckersüßen Traum von saftigen Wiesen und bunten Blümchen – aus ihrem Bett gesprungen wäre und verkündet hätte „Trallala, die Energiewende ist da“. Ein guter Zeitpunkt wäre zwischen 1994 und 1998 gewesen. Da war sie Bundesumweltministerin. Aber jeder Mensch funktioniert nun mal anders. Nun rückt die Energiewende durch eine Katastrophe in greifbare Nähe. Schade! Es ist ja nicht so, dass die Argumente für Erneuerbare Energien erst vor ein paar Wochen wie aus dem Nichts aus dem Boden geschossen kamen. Und wissen Sie, was unser Ministerpräsident Volker Bouffier zu diesem Thema sagt? Nein? Ist nicht schlimm, denn er sagt nichts Nennenswertes.
Während Bouffier großspurig zum Energiegipfel einlädt, hat sein CDU-Generalsekretär Beuth bereits ein Papier veröffentlicht, in dem er ganz unverblümt Atomkraft als vermeintliche Brückentechnologie wieder ins Spiel bringt. Im Gegenzug dazu hat die CDU/FDP-Landesregierung bis heute kein ausgearbeitetes Konzept für Erneuerbarer Energien vorgelegt. Die SPD hat als erste Partei in Hessen vor Jahren ein Gesetzentwurf für den Vorrang Erneuerbare Energien eingebracht. Das wurde jedoch von CDU und FDP abgelehnt.
Der bundesweite Anteil der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien lag 2010 bei 17 Prozent. Hessen schafft gerade mal 6 Prozent. Eine klare Mehrheit der Hessen ist jedoch nachweisbar für Erneuerbare Energien. Im bundesweiten Vergleich liegt Hessen abgeschlagen auf dem 15. Platz. Ministerpräsident Bouffier beweist einmal mehr eindrucksvoll, dass eine ernstgemeinte Energiewende politisch nur mit der SPD und den Grünen möglich ist.
In Sachen Stromproduktion schaffen wir die Wende nur dezentral mit regionalen Anbietern. Die Stadtwerke bzw. die kommunalen Stromversorger haben bereits angekündigt, dass sie Ersatz für alle 17 Atomkraftwerke schaffen wollen. Bis 2020 wollen sie ihre Stromproduktion verdoppeln. Voraussetzung hierfür ist ein geregelter Atomausstieg, damit sich die zusätzlichen Investitionen auch lohnen.
Auch den Ökostromanbietern werden die Türen eingerannt. Das ist gut. Der nächste Schritt muss nun sein, weniger Strom zu verbrauchen. Die Bereitschaft, sich mit schlichtem Stromsparen für den Umweltschutz zu engagieren, muss zum Umweltbewusstsein dazugehören. Sich mit Ökostrom freizukaufen, wird leider nicht ausreichen. Es ist unglaublich, wie viel Energie alleine durch unsere Rollladenkästen ins Nirgendwo hingleiten.
Wie wäre es mit einem Landesförderprogramm für die Energetische Gebäudesanierung? Jeder Euro öffentlicher Mittel löst mindestens weitere sieben Euro an Investitionen aus. Damit wäre das Geld über die Mehrwertsteuer ja wieder in der Landeskasse und gigantische Mengen Energie wären gespart.
Statt Lösungen zu bieten haben es sich jedoch einige politische Mitbewerber zur Aufgabe gemacht, protestierenden Menschen den Dagegen-Stempel aufzudrücken. Denen kann ich nur zurufen: „Die Zeiten haben sich geändert!“ Die Leute gehen auf die Straße, gründen Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften.
Auch das wird zu einer erfolgreichen Energiewende dazugehören müssen. Wer, wenn nicht die Politik, sollte es sich zur Aufgabe machen, die Menschen bei dieser wichtigen Entscheidung mitzunehmen. Es gemeinsam anzupacken. Wir Politiker sind an der Reihe uns zu fragen, warum jemand etwas gegen Windräder, gegen Pumpspeicher, gegen Stromleitungen hat. Bei diesem Widerstand geht es nicht nur um Energie. Gründe können auch Tierschutz, Ästhetik oder Landschaftsschutz sein. Gut, wir werden ohne Windkraft den Energiewechsel nicht schaffen. Aber wie wollen wir die Menschen davon überzeugen, wenn wir ihnen nicht zuhören? Wenn wir nicht bereit sind, vernünftige Kompromisse auszuhandeln? Es gibt noch viel zu tun! Alleine klappt’s jedoch nicht.
Haben Sie Vorschläge, wie man Stromsparen kann oder wie eine Energiewende aussehen könnte? Ihren Kommentar oder Ihre Frage können Sie mir wie immer an h.lotz@nullltg.hessen.de senden.