Schwarz-Gelb steht für Beliebigkeit

Heinz Lotz, Mitglied des Hessischen Landtags

Seit gestern bin ich ein kleines bisschen Fan von Christine Lieberknecht geworden. Das hat in den vergangenen Monaten kein ranghohes Mitglied der CDU geschafft. Die thüringische Ministerpräsidentin sagte nämlich zu den Steuersenkungsplänen der FDP: „Die ganze Debatte ist irgendwie irre“. Lediglich das Wörtchen „irgendwie“ würde ich in diesem Zusammenhang streichen. Es ist irre mit anzusehen, wie die FDP aus reinen Imagegründen die Trophäe „Steuersenkung“ um jeden Preis präsentieren möchte. Nur um durch nicht durchdachte Steuergeschenke an Popularität zu gewinnen, riskiert die Mövenpick-Partei die finanzielle Schieflage Deutschlands.
Wann schafft die Kanzlerin endlich einmal Ordnung in ihrem Laden? Es muss doch für eine Bundesregierung möglich sein, gemeinsame Formulierungen zu Kernfragen der eigenen Politik zu finden. Was wir in Berlin derzeit vorfinden, ist eine Regierung, die ihr Handeln an Meinungsumfragen koppelt. Steht ein Merkel-Projekt in einem schlechten Licht, wird es kurzerhand über den Haufen geworfen. Aber dafür sind sie nicht gewählt worden.

Mittlerweile steht Schwarz-Gelb nur noch für Beliebigkeit. Natürlich freut es mich als Sozialdemokrat, dass CDU und FDP beim Atomausstieg auf die Meinungsumfragen gehört haben und ihre wahnsinnige Laufzeitverlängerung zurückgenommen haben. Das heißt aber nicht, dass Angela Merkel nur noch auf Umfragen schielen sollte. Aktuell sieht sich die Kanzlerin genötigt, die Liberalen wieder auf die Beine zu helfen. Statt einer echten und dringenden Steuerreform betreibt sie nichts anderes als Wahlhilfe.

Bundes- und Landespolitik soll man eigentlich nicht vermischen. Aber Sie müssen verstehen, dass mir die Hutschnur platzt, wenn die Hessen-FDP ohne erkennbare Not das Amtsgericht in Schlüchtern sowie das Staatliche Schulamt des Main-Kinzig-Kreises dicht macht und auf der anderen Seite das Geld direkt wieder raus blasen will. Es muss unbedingt in die soziale Infrastruktur investiert werden. Natürlich ist die Entlastung von Geringverdienern dringend notwendig. Aber eine Entlastung macht doch nur dann Sinn, wenn sie seriös und langfristig, wenn die Gegenfinanzierung gesichert ist.

Glauben Sie eigentlich an Zufälle? Ich meine, es ist schon irgendwie komisch, dass die Steuersenkungspläne ausgerechnet am Anfang des Sommerlochs das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Wie glaubhaft ist es, wenn die FDP (gemeinsam mit der CDU) in Hessen einen riesigen Schuldenberg fabrizieren, erneut einen verfassungswidrigen Haushalt abliefern, die soziale Infrastruktur abbauen und dann plötzlich Steuergeschenke in Milliardenhöhe fordern.

Kann man diese Partei denn überhaupt noch ernst nehmen?

„Kann man Parteien überhaupt noch ernst nehmen", fragen Sie sich nun vielleicht – vielleicht sogar zu Recht. Diese Frage kann ich persönlich nur mit „Ja" beantworten. Die meisten Politikerinnen und Politiker sind ehrenhaft und haben gute Vorsätze. Aber – und da möchte ich keine Namen nennen – es gibt auch bei uns einige wenige Menschen, denen es nur um den persönlichen Erfolg geht, die im Prinzip für nichts stehen, außer für sich selber. Solche Menschen kann man nicht verhindern. Man muss sich aber deren Geschwätz nicht gefallen lassen! Sie laut zu empören ist das Mindeste, was man tun kann.

Für die Sommerferien empfehle ich daher das Büchlein „Empört euch" des ehemaligen französischen Widerstandskämpfers Stéphane Hessel. Es geht darin natürlich nicht um die Steuersenkungen der FDP. Es geht darum, dass niemand machtlos ist und die gewählten Volksvertreter nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Ich gebe zu, dass ich nicht allem in Hessels Aufruf zustimmen kann. Es ist aber ein guter Anfang.

Lassen Sie sich nicht alles von uns Politikern gefallen. Wenn wir etwas tun, was Ihnen nicht gefällt, dann empören Sie sich und stellen uns zur Rede. Wenn Sie möchten, können Sie mit mir direkt anfangen. Ihren Kommentar oder Ihre Frage können Sie mir wie immer an h.lotz@nullltg.hessen.de senden.