Energiewende braucht Verbindlichkeit

Heinz Lotz, Mitglied des Hessischen Landtags

Ein neues Jahr ist immer eine gute Gelegenheit, einen Blick in die Zukunft zu richten. Ein wichtiges Thema war und ist die Energiewende. Was da in Zukunft geplant ist, ist wirklich ein Knaller: Innerhalb der kommenden acht Jahren wird der Anteil fossiler Brennstoffe um 33 Prozent reduziert. Windkraft soll die Hälfte des Stroms liefern. Alleine ein neuer Offshore-Windpark wird rund 600.000 Haushalte mit Strom beliefern. Gleichzeitig soll der Energieverbrauch durch Effizienzmaßnahmen um mindestens sechs Prozent sinken. Durch all diese Maßnahmen sollen 2020 die Energiekosten um sage und schreibe 900 Millionen Euro sinken. Alleine durch Windkraft entstehen bis zu 15.000 neue Arbeitsplätze.

Aber die Pläne für die Energiewende sind weitreichender. Bis zum Jahr 2030 wird das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet und der letzte Ölofen aus dem Heizkeller ausrangiert. 2035 wird es Strom und Wärme nur noch von Erneuerbaren Energien geben. Nach den Plänen der Energiewende soll bis 2050 der gesamte Verkehrs- und Transportsektor ohne Kohlendioxid-Ausstoß funktionieren. Das bedeutet Unabhängigkeit von Atom, Kohle und Öl.

Nur leider gilt all das nicht für uns.

Hierbei handelt es sich um die Energiewende Dänemarks. Die Energiewende in Hessen ist bislang nur groß angekündigt. Ein echter Plan existiert nicht. Der dänische Plan heißt „Unsere Energie“. Auf Englisch wird er „Our future engery“ genannt – unsere Zukunftsenergie. Das finde ich passend. Bei den Dänen werden Zwischenschritte konkret definiert. Das macht die Energiewende so stark und verbindlich. In Hessen hat sich die schwarzgelbe Landesregierung gerade einmal zu einer Absichtserklärung durchgerungen. Das ist leider zu wenig.

5,5 Millionen Einwohner zählt Dänemark, Hessen rund 6 Millionen. Natürlich sind die Grundvoraussetzungen unterschiedlich. Eines ist aber gleich: Eine Energiewende ist ohne das Engagement der Bevölkerung unmöglich. Das bedeutet für die Politik, dass die Menschen mitgenommen werden müssen. Transparenz, Beteiligung und Motivation müssen die Eckpfeiler einer gemeinsamen Neuausrichtung der Energiepolitik sein. Die Dänen haben bei allen Planungen die Bevölkerung mit einbezogen. Der Preis für die Energiewende wird transparent ermittelt. Private Haushalte und Industrie können sich so auf künftige Veränderungen einstellen. Die dänische Regierung rechnet mit Mehrausgaben von 750 Millionen Euro. Im Gegenzug soll 2020 dieser Plan 900 Millionen Euro einsparen. Und da ist noch Luft nach oben! Ich persönlich teile die Auffassung des dänischen Klima- und Energieministers. Für Martin Lidegaard ist die Energiewende eine Antwort auf drei Krisen: Die Wirtschaftskrise, die Klimakrise und die Rohstoffkrise. Kurzfristig schafft der Ausbau Erneuerbarer Energien viele tausend Arbeitsplätze, der Kohlendioxid-Ausstoß wird drastisch sinken und man wird unabhängig von ständig teurer werdenden fossilen Energien. In Deutschland kommt das Argument hinzu, endlich aus der Atomkraft auszusteigen (in Dänemark gibt es keine Kernkraftwerke).

Als Vorbild für „Unsere Energie“ dient den Dänen die Insel Samsö. Deren Einwohner entschlossen sich bereits vor über 20 Jahren unabhängig von fossiler Energie zu werden. Mittlerweile sind sie in der glücklichen Lage, zu viel Energie zu produzieren. Heißt: sie exportieren Strom. Das Eiland hat dabei darauf geachtet, dass die meisten Arbeiten von Handwerksbetrieben der Insel ausgeführt wurden. Auch beim Errichten des Fernwärmenetzes wurden auswärtige Unternehmen gedrängt, lokale Handwerker zu beschäftigen.

Eine gemeinsame Energiewende ist möglich. Das beweisen die Menschen auf der dänischen Insel Samsö, die dezentrale Kraftwerke etabliert haben und aus der fossilen Energiegewinnung ausgestiegen sind. Aber auch die Menschen aus dem Bioenergiedorf Burgjoß im Main-Kinzig-Kreis, die sich bei der Wärmegewinnung unabhängig gemacht haben. Es liegt an uns, „Our future energy“ unvoreingenommen anzugehen, transparent und für jedermann verständlich zu gestalten und gemeinsam umzusetzen. Ich denke, wir könnten gemeinsam sehr viel bewegen.