
Wem gehört eigentlich der Wald? Klar, da gibt es die Grundeigentümer oder das Land. Aber wer darf den Wald betreten? Nur ein Herr Bürgermeister oder eine Frau Ministerin? Da würden zwar die Eichhörnchen unverzüglich aufrecht sitzen, aber Waldbesuche sind kein exklusives Recht für eine Elite. Im Gesetz steht, dass jeder den Wald zum Zwecke der Erholung betreten darf. Ich bin sogar der Meinung, dass jeder den Wald regelmäßig aufsuchen sollte. Aus den unterschiedlichsten Gründen und weil’s dort schlichtweg schön ist.
Für uns Menschen aus der Region ist der Wald Teil unserer Identität. Wir nehmen viele Unannehmlichkeiten auf uns, um in dieser, von Wäldern umringten Landschaft zu leben. Weite Wege zum Arbeitsplatz, die ständige Sorge um den Erhalt des örtlichen Kindergartens, der Grundschule oder der Hausarztpraxis und natürlich die weiten Wege zum Shopping. Aber wir haben im Gegenzug reichlich Wald und dementsprechend auch viel Erholung. Der Begriff Erholung stammt übrigens aus der Medizin und bedeutet „wieder gesund werden“. Aber keine Sorge, heutzutage muss man nicht zwingend krank sein, um den Wald betreten zu dürfen. Andererseits ist es wissenschaftlich bewiesen, dass Reiten einen stark erholenden Effekt auf Körper und Geist hat. Reiten wird sogar als heilpädagogische Maßnahme eingesetzt. Ebenso ist bekannt, dass auch andere Sportarten, wie etwa Wandern oder Fahrradfahren, gut für die Gesundheit sind – also für die Erholung.
Liest man das Hessische Forstgesetz weiter, erfährt man, dass man sich im Wald so zu verhalten hat, dass die Lebensgemeinschaft des Waldes nicht gestört wird. Radfahrer und Reiter dürfen nur auf den Wegen und Straßen des Waldes ihren Sport ausüben. Und an dieser Stelle, liebe Leserinnen und Leser, kommen wir zum Knackpunkt: Wandern, Pilzesammeln, Geocaching (das ist eine moderne Schnitzeljagd), Reiten oder Radfahren finden oftmals abseits der Waldwege statt. Gut für die Erholung, problematisch für Flora, Fauna, Tierwelt und Waldwirtschaft. Ich habe viele Gespräche zu diesem Thema geführt. Es besteht Handlungsbedarf. Noch kein Vertreter von Hessen Forst hat sich bei mir schlecht über Waldsportler geäußert. Im Gegenteil, man will unbedingt eine vernünftige Regelung herbeiführen, die sowohl den Schutz des Waldes, als auch der Durchführung dieser Sportarten gerecht wird. Zwar wird Waldsport meist geduldet, aber genau genommen stehen die Sportler mit einem Bein in der Illegalität. Mit offenen Augen werden Konflikte zwischen Sportlern, Erholungssuchenden und Waldwirtschaft hingenommen, teilweise sogar mit lebensbedrohenden Folgen, etwa durch sogenannte Mountainbike-Fallen, die irgendwelche Verrückten aufstellen.
Umso mehr freut es mich, wenn es durch das Engagement einzelner Menschen zu vernünftigen Lösungen kommt. Im Augenblick wird unter dem Motto „Mountainbiken im hessischen Spessart – Chancen und Möglichkeiten“ ein Konzept erarbeitet. Federführend ist der Bad Orber Klaus Bergfeld. In Zusammenarbeit mit dem Main-Kinzig-Kreis scheint eine Lösung für Mountainbike-Touren im hessischen Spessart in Sichtweite zu sein. Das ist aber viel Arbeit und braucht Menschen, die sich dahinterklemmen. Einmal ganz abgesehen davon: derartige Strecken sind auch aus touristischer Sicht höchst attraktiv.
Warum ist es der zuständigen Landesregierung nicht möglich, zeitgemäße und praktikable Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausübung von Mountainbiking, Geocaching und Reiten in friedlicher Koexistenz mit den anderen Beteiligten zu ermöglichen? Ich bin dafür, dass neue Möglichkeiten aufgetan werden, um Lebensraumkonzepte für den Wald zu erstellen, die den jeweiligen örtlichen Situationen gerecht werden. Der Taunus benötigt sicherlich ein anderes Konzept als der Spessart und der Vogelsberg ein anderes als die Rhön.
Bei aller Kritik wird über die steigende Popularität dieser Sportarten wertvolles Wissen über unsere heimische Geologie, Flora und Fauna verbreitet. Im Sinne eines friedlichen Mit- und Nebeneinanders und zum Schutze des Waldes müssen klare Vereinbarungen getroffen werden. Und so stelle ich abschließend erneut die Frage: wem gehört eigentlich der Wald?