
Es gibt eine ganz einfache Formel: wenn es unseren Kindern gut geht, geht es unseren Familien gut und wenn es unseren Familien gut geht, dann geht es der Gesellschaft gut. Frühkindliche Betreuung, Erziehung und Bildung sind Schlüssel für das Lebensglück unserer Kleinsten. Das Glück unserer Kinder ist folglich eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.
Für ein besseres Verständnis möchte ich die Zeit der frühkindlichen Bildung in drei Phasen aufteilen: Zum einen die Zeit von Geburt bis zum sogenannten Elementarbereich, also Kindergarten, Kindertageseinrichtung oder Tagespflege. Zum Zweiten die Zeit im Kindergarten und drittens die Grundschulzeit. Es versteht sich von selbst, dass die Arbeit in den einzelnen Phasen pädagogisch und organisatorisch aufeinander abgestimmt sein muss. Die Übergänge im Tagesablauf und im Entwicklungsgang unserer Knirpse müssen individuell und möglichst reibungslos gestaltet werden. Übrigens werden wir über unsere Erkenntnisse mit flexiblen alters- und jahrgangsübergreifenden Modellen des ländlichen Raums sehr beneidet. Wie gerne hätte man mancherorts jahrgangsübergreifende Klassen. Bevölkerungsentwicklung hin oder her.
Nicht nur die Bevölkerungsentwicklung, sondern auch die gesellschaftliche Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen. Wir müssen unsere Kinder vor Vernachlässigung, Gewalt sowie körperlichen und seelischem Missbrauch schützen. Die familiären Verhältnisse der Kinder sind heute kaum noch miteinander zu vergleichen. Dadurch sind die Anforderungen für pädagogische Arbeit insgesamt größer geworden. Die Erwartungen an Kitas oder Grundschulen sind höher denn je. Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an hoch qualifizierten und professionellen Fachkräften dramatisch gestiegen. Deshalb wundert es mich immer wieder, dass die Landesregierung eine Verkürzung der Ausbildung für Erzieher fordert. Um den Ausbau der Kinderbetreuung nicht an mangelnden Fachkräften scheitern zu lassen, müssen die Ausbildungskapazitäten vielmehr erhöht werden. 66 Prozent der Mitarbeiter in hessischen Kitas arbeiten in Teilzeit. Auch hier könnte man die ein oder andere Fachkraft gewinnen. Und noch ein Punkt: wer gut arbeitet, soll auch gut bezahlt werden. Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist bei den Erzieherinnen und Erzieher längst nicht selbstverständlich. Wer Fachkräfte für unsere Kinder haben will – und die sollten wir haben wollen – muss die tarifliche Entlohnung so regeln, dass der Beruf auch finanziell attraktiv ist.
Unsere Kinder sollen später einmal in Freiheit und für sich selbst die Welt mit ihren reichen Möglichkeiten gestalten können. Unser System wurde zum einen von Menschen mit stabilen Identitäten und sozialen Kompetenzen so erfolgreich gemacht, zum anderen durch unser Selbstverständnis, dass alle Kinder optimal gefördert werden müssen. Das bedeutet, dass wir behinderten Kindern und ihren Familien garantieren, dass sie eine Inklusion gemäß der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen erhalten.
Wir müssen die Stärken und Bedürfnisse jedes Kindes einzeln betrachtet, um eine bestmögliche Förderung zu bieten. Vorhandene Fähigkeiten müssen weiterentwickelt, Beeinträchtigungen frühzeitig erkannt werden. Schließlich gelingt eine optimale Förderung umso besser, je früher sie einsetzt. Das leistet zum einen die Familie, denn Erziehungsrechte und –pflichten enden nicht beim Eintritt in den Kindergarten. Dennoch heißt es aber, dass sich der Staat bei der frühkindlichen Bildung stärker als bislang engagieren muss. Auf sämtlichen staatlichen Ebenen müssen wir uns der gemeinsamen Gestaltungs- und Finanzierungsverantwortung stellen. Wir müssen unsere Infrastruktur für die frühkindliche Bildung nicht nur dringend beibehalten, sondern weiter ausbauen. Denn geht es unseren Kinder gut, geht es den Familien gut und geht es den Familien gut, geht es der Gesellschaft gut. Und ja: wenn wir das wollen, dann muss Geld in die Hand genommen werden. Das muss es uns aber wert sein.