
Die Oppositionsbänke sind auch im hessischen Landtag hart. Das weiß auch Heinz Lotz, der seit gut vier Jahren auf diesen sitzt. Daher muss der 58-Jährige die Ergebnisse der eigenen politischen Arbeit zwangsläufig in kleineren Brötchen backen. Doch zu Hause im Wahlkreis ist er gern „in vielen kleinen Dingen unterwegs“, kann Bürgern manche Sorge nehmen oder bei der Lösung von Problemen helfen.
Zum Gespräch in unserer Redaktion kommt Heinz Lotz direkt aus Herolz, wo Anlieger der Ortsdurchfahrt die Lärmbelastung beklagen. Diese werde durch zahlreiche Unebenheiten auf der schon häufig reparierten Fahrbahn verursacht. Lotz will sich jetzt bei Hessens Straßenbaubehörde um Abhilfe bemühen – Alltag für einen Landtagsabgeordneten, der seit dem Amtsantritt von Manfred Görig als Vogelsberg-Landrat die SPD auch im Blauen Eck vertritt.
Die nächste Landtagswahl wird wohl Ende 2013 stattfinden. Wollen Sie eine zweite Wahlperiode für den Wahlkreis Gelnhausen-Schlüchtern dranhängen?
Es war nie ein Geheimnis, dass ich wieder kandidieren werde. Dann muss mich natürlich noch meine Partei am 30. November nominieren. Ich gehe derzeit auch von keinem weiteren Bewerber aus. Aber man kann ja nie wissen … (schmunzelt). Ich wäre aber gern erneut gegen Dr. Rolf Müller angetreten, um es ihm nochmal zu zeigen. Denn bei der jetzigen politischen Konstellation auf Landesebene sehe ich gute Chancen auf das Direktmandat im Wahlkreis. Egal, wer für die CDU kandidiert. Die Hessen-SPD hat sich von ihrem Tief nach der Landtagswahl 2009 erstaunlich schnell erholt, unter anderem durch die gute Arbeit von Thorsten Schäfer-Gümbel.
Wen von den derzeit vier potenziellen Gegenkandidaten aus den Reihen der Union würden Sie sich denn wünschen?
Es wäre sicher spannend, wenn es auf Umweltministerin Lucia Puttrich hinauslaufen würde, weil wir im Landtag ja beide im selben politischen Sachgebiet arbeiten. Natürlich wäre dann auch die öffentliche Aufmerksamkeit größer.
Wäre es aus Bergwinkel-Sicht nicht noch spannender, wenn die Schlüchternerin Maja Weise-Georg gegen den Steinauer Heinz Lotz anträte?
Das ist sicher richtig, aber das muss man mal abwarten.
Sie sind ja nicht nur Landtagsabgeordneter, sondern auch SPD-Fraktionsvize im Kreistag. In der Schulpolitik, für den Ihre Koalitionspartner von den Grünen in Gestalt von Dezernent Matthias Zach verantwortlich zeichnen, raucht es gerade kräftig im Karton …
Sie wissen ja, dass ich aus Marjoß komme, wo die Grundschule ebenfalls geschlossen werden soll. Das sollte alles sagen. Ich stehe aber hinter der gegenwärtig laufenden Mediation und bin gespannt, was Mediator Eberhardt Luft am Ende vorschlagen wird.
Wie bewerten Sie denn die bisherige Vorgehensweise von Herrn Zach?
Ich bin bei der Mediation bisher nur an einem Termin persönlich anwesend gewesen und habe sie sonst eher über die Presse verfolgt. Aber ich will da aber keinem zu nahe treten und auch nicht bewerten, wie sich der ein oder andere verhalten hat.
Ich meine vor allem die Zeit vor der Mediation …
Also ich hätte mir für mich selbst, weil ich aus Zeitgründen nicht an jeder Sitzung teilnehmen konnte, schon einen besseren Informationsstand gewünscht.
Das Mediationsverfahren hat die sozialdemokratische Kreisspitze auf den Weg gebracht. Dies ist von vielen als das Ziehen an der Reißleine verstanden worden, um den Schuldezernenten zurückzupfeifen. Wie groß ist diese Belastung für die Koalition im Kreistag?
Als Belastung sehe ich das nicht, weil man auch in einer Koalition mit so etwas rechnen muss und dabei trotzdem miteinander vernünftig umgeht. Als Zurückpfeifen würde ich die Mediation nicht bezeichnen, allerdings war sie dann der einzige Weg, um alle Beteiligten in die Diskussion um Schulschließungen miteinzubinden. Darauf hätte man allerdings schon vorher kommen können, ja.
Steht da aus Sicht Ihrer Partei nicht auch die politische Sorge um den bisher SPD-freundlichen Bergwinkel dahinter?
Ich hoffe, dass wir damit Ruhe in die Debatte bringen, vor allem aber am Ende zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.
In der Landespolitik befassen Sie sich mit vielen Themen, die mit der Kommunalpolitik korrespondieren. Wie sollte sich das Land bei der Finanzierung der Schulsozialarbeit verhalten?
Ich denke, daran müssen wir weiter mit dem Ziel einer Drittellösung arbeiten. Bisher bezahlen das der Kreis und die Kommunen trotz gegenteiliger Ankündigung des früheren Sozialministers Jürgen Banzer allein. Das Land sollte hier aber zu einem Drittel einsteigen, weil dadurch einfach das Angebot besser wird, auch wenn wir da im Main-Kinzig-Kreis da schon ziemlich weit sind. Ganz klar ist auf jeden Fall, dass die Schulsozialarbeit notwendig ist.
Die SPD polemisiert nicht gerade leise gegen den kommunalen Schutzschirm, den das Land hoch verschuldeten Städten, Gemeinden und Kreisen anbietet. Hat dieser denn durch die verschiedenen Nachbesserungen, an denen auch Kritiker wie Landrat Erich Pipa Anteil haben, seinen Schrecken verloren?
Nein, hat er nicht. Die Nachsteuerung gestaltet sich nicht so, dass daraus mehr Vertrauen entstünde. Der Schutzschirm belastet die Kommunen enorm. Im Fall Steinaus müssten zum Beispiel jährlich allein eine Million Euro aus dem Etat herausgeschwitzt werden. Für eine kleine Flächengemeinde ist sowas noch viel schwieriger als für eine kompakte Stadt zu stemmen. Die Vorschläge des Finanzministeriums, die besser als Giftliste zu bezeichnen sind, würden von der Finanzaufsicht unter dem sogenannten Rettungsschirm sehr genau kontrolliert. Ich halte das Konstrukt für unklug, weil die Gemeinden die ganze Aktion aufgrund der Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs selber bezahlen. Letztlich wäre dies auch schlecht für die wichtige Arbeit der Ehrenamtlichen in den Vereinen, wenn die Kommune zum Beispiel alle freiwilligen Leistungen einstellen müsste. Sehr positiv sehe ich dagegen die Herangehensweise Gelnhausens an den Schutzschirm. Hier werden die Bürger sehr gut eingebunden.
Der Bergwinkel ist eine waldreiche Gegend, weshalb hier die geplante Novelle des Waldgesetzes durchaus diskutiert wird. Wie ist Ihre Position dazu?
Das Thema habe ich schon vor anderthalb Jahren angestoßen, weil ich gesehen habe, dass es im Bereich des Betretungsrechtes Konfliktpotenzial gibt. Mountainbike-Sportler haben bereits 45 000 Unterschriften gegen die rigide Neuregelung gesammelt. Wenn das so wie vorgesehen gehandhabt würde, dann hätten Sie schon als fünfköpfige Wandergruppe ein Problem und müssen den Wald verlassen, wenn Sie der Förster heimschickt. Das ist absolut unsinnig. Die Landesregierung ist da aber schon eingeknickt, denn Frau Puttrich richtet zum Waldgesetz nun einen Runden Tisch ein.
Wie stehen denn die Chancen, dass die SPD bei der nächsten Landtagswahl wieder auf die Regierungsbank wechselt?
Die Chance ist aus meiner Sicht total real. Dies bestätigen uns inzwischen sogar die Demoskopen.
Falls Sie erneut in den Landtag gewählt werden: Für welche drei Themen wollen Sie sich besonders stark machen?
Ganz klar für die Entwicklung des ländlichen Raumes vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sowie für den Erhalt und die Verbesserung der Infrastruktur in unserer Region. Denn der ländliche Raum ist für viele Menschen als Lebensraum attraktiv, wenn die Bedingungen dort akzeptabel sind. Dazu gehört die Landarztversorgung ebenso wie die Rückkehr der Dorfläden oder Ähnliches mehr. Natürlich auch die Grundschulen.
ZUR PERSON
Heinz Lotz kam 1954 in Steinau-Marjoß auf die Welt, wo er nach wie vor lebt. Mit seiner Frau Ingrid hat der gelernte Schornsteinfegermeister zwei inzwischen erwachsene Töchter. Er bezeichnet sich selbst als Vereinsmensch und ist in seinem Heimatort Mitglied der örtlichen Feuerwehr, im Roten Kreuz und im Sportverein. Als 16-Jähriger trat er wie viele anderer seiner Generationen wegen Willy Brandt in die SPD ein. Seit 1981 ist er Vorsitzender des SPD-Ortsbezirks Marjoß. 20 Jahre lang gehörte er dem Steinauer Stadtparlament an und fungierte elf Jahre als Marjosser Ortsvorsteher. Ebenfalls für ein Jahrzehnt war Lotz Vorsitzender der SPD Steinau. Seit 1993 ist er Kreistagsmitglied, in seiner Fraktion umweltpolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender. Von 2005 bis 2008 führte Lotz die SPD Main-Kinzig. Im hessischen Landtag gehört er dem Ältestenrat sowie dem Umweltausschuss an. In der dortigen SPD-Fraktion ist Lotz Sprecher für die Bereiche Forst-, Jagd- und Fischereiwesen, Landwirtschaft, Naturschutz und Nachhaltigkeit.
Das Interview führte Hanns Szczepanek