
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, den Hessischen Wald komplett zu asphaltieren? Immerhin macht der Wald in Hessen stattliche 42% der gesamten Fläche aus. Gute Parkplätze sind rar. Statt den teuren Mitarbeitern von Hessen-Forst bräuchte man dann nur noch eine Handvoll Parkwächter. Also könnten wir knapp 100 Mio. Euro alleine an Personalaufwendungen jährlich sparen. Das ist doch mal was! Da wären sogar noch ein paar Eimer Farbe drin, mit denen wir mit gigantischen gelben Buchstaben auf schwarzem Grund schreiben könnten: „Pfeif auf den Wald – wir haben einen ausgeglichenen Haushalt“. Ich spendiere noch eine Tüte Konfetti und dann kann die Parade los gehen…
Was? Einige von Ihnen hätten dann doch lieber unseren schönen grünen Wald? Ich auch! Für uns Hessen, besonders im Spessart, Vogelsberg und der Rhön, ist der Wald nicht nur grüne Lunge oder Ausgleichsfläche, sondern ein bedeutendes Stück Identität. Wir stecken lange Wege zur Arbeit, zum Einkaufen oder ins Kino nur deshalb so einfach weg, weil wir unbedingt hier leben wollen. Und wer hier nicht lebt, kommt gerne zu Besuch. Wegen der frischen Luft, der Erholung und unserer Natur, sprich: dem Wald. Nun pflegt sich der Wald aber nicht von alleine. Und weil dem Land so viel Wald in Hessen gehört, dass Schlüchtern (nicht nur der Kern, sondern das komplette Gebiet) problemlos vierzig Mal darauf passen würde, hat Hessen auch Fachkräfte, die sich darum kümmern.
Das ist aus vielen Gründen wichtig: In der Vergangenheit, besonders in Krisenzeiten, wurde der Wald von uns Menschen stark übernutzt. Etwa nach dem zweiten Weltkrieg, als unser Wald buchstäblich leergefegt war und besonders in Hessen einen drastischen Rückgang der Holzvorräte zur Folge hatte. Es wurde erkannt, das Holz zwar zum Heizen, Kochen, Arbeiten und Leben der Hauptenergieträger war, eine nachhaltige Strategie für unseren Wald jedoch unabdingbar ist, damit wir auch morgen noch etwas von ihm haben. Damit das Land nicht irgendwann so aussieht wie die Insel Sizilien, auf der die Römer zum Schiffsbau sämtlichen Wald rodeten, übernahm der Staat die Kontrolle über einen Großteil des Waldes. Viele von uns kennen ihn noch, den klassischen Förster. Neben dem Holzhandel kam so einen neue, gleichwertige Aufgabe hinzu: Das Gemeinwohl. Dabei kann es sich um Waldpädagogik für Kinder, Wissenstransfer und Forschung, Betreuung des Kommunalwaldes und Naturschutz oder um die indirekte Förderung des nichtstaatlichen Waldes handeln. In Zeiten, in denen der Klimawandel und die Trinkwassergewinnung eine immer größere Bedeutung gewinnen, ist das eine Mammutaufgabe. In Hessen kümmern sich knapp 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hessen-Forst um diese Aufgaben. Finden Sie, das ist viel?
2001, als das Forstamt in den Landesbetrieb Hessen-Forst umgewandelt wurde, arbeiteten noch über 3.200 Menschen dort. Mit viel Zähneknirschen fielen über ein Drittel aller Stellen weg. Nun fand ich vor ein paar Tagen heraus, dass bis 2025 erneut über 300 Stellen gestrichen werden sollen. Leute, das geht doch nicht gut! Wer soll denn diese Aufgaben in Zukunft alles leisten? Als Argument wird oftmals angeführt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Hessen-Forst zu alt sind und nur wenig Nachwuchs nachkommt. Ja, was sind denn das für Argumente für Stellenstreichungen? Wer hat sich denn diese Logik ausgedacht? Auch bei den Lehrerinnen und Lehrern ist der Altersdurchschnitt hoch, schaffen wir etwa deshalb Schulen ab?
Hessen-Forst bezeichnet sich auf der eigenen Homepage als Zukunftsunternehmen. Mir gefällt der Begriff „Zukunft“, „Unternehmen“ hingegen nicht. Hessen-Forst ist eine Institution, die derart viele wichtige Aufgaben für das Allgemeinwohl übernimmt und nicht als reines erwerbswirtschaftliches Unternehmen betrachten werden kann. Unser Wald ist eine Verpflichtung. Da reiner Urwald oder Parkplatz nicht gewollt sind, sollten wir jetzt und in Zukunft dafür Sorge tragen, dass wir Leute haben, die sich professionell und in ausreichender Zahl um unseren Wald kümmern.