Mehr Geld für kleine Höfe

Was wäre unsere Region ohne Landwirte? Besonders der mittelständische Bauernhof ist und bleibt doch ein Markenzeichen Hessens und muss dementsprechend honoriert werden. Ein bisschen freuen können sich nun Landwirte kleiner Höfe. In München trafen sich die Agrarminister des Bundes und der Länder, um über die Verteilung der EU-Gelder zu diskutieren. Die wichtigsten Kompromisse lauten: Junglandwirte, kleine und mittlere Familienbetriebe und Kleinerzeuger profitieren verstärkt. Das ist zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Wenn man sich als normaler Mensch die Milliardensubventionen von der EU bislang betrachtete, sah das nach einem großen Haufen Geld aus (zugeben, so sieht es auch heute noch aus), das an wenige auserwählte Landwirte ausgezahlt wurde. Dieses überspitzte Bild kommt daher, dass bislang versäumt wurde, den Menschen auf der Straße zu erklären, warum die Landwirtschaft EU-Direktzahlungen in Milliardenhöhe erhält. Angesichts der Finanzkrise in der EU und der eigenen Geldbörse berührt das unser Gerechtigkeitsempfinden. Meine feste Überzeugung ist es, das wir Politiker besser erklären müssen, warum diese Zahlungen legitim und wichtig sind, denn es sitzen ganz sicher keine Millionäre auf den Traktoren und fahren zur allgemeinen Belustigung über die Äcker.

Als dann Ende des 19. Jahrhunderts Australien, Neuseeland sowie Nord- und Südamerika ihre landwirtschaftlichen Produkte verstärkt nach Europa schickten, gab es ein Problem. Diese Länder hatten Ackerfläche soweit das Auge reicht und konnten erheblich günstiger mehr Getreide anbieten als das eng besiedelte und hungrige Europa. Das veränderte die europäische Landwirtschaft, denn die meisten reagierten mit Handelsbarrieren oder bauten plötzlich Obst oder Tulpen an. 1960 importierten wir Europäer über 70% der Lebensmittel von außerhalb der EU – sprich aus Ländern wie Australien, Kanada oder den USA. Um unsere Landwirte vor dem Ruin zu retten, ging man in Europa in dieser Zeit dazu über, den Preis der hier produzierten Erzeugnisse mit aller Macht und Subventionen aus Steuermitteln stabil zu halten. Das war nicht die Mutter aller Ideen, denn eine Folge war die Überproduktion von Lebensmitteln. Sprich: wir schmissen Essen im große Stil auf den Müll. Erst dreißig Jahre später wurden diese Subventionen größtenteils korrigiert und in Direktzahlungen an die Landwirtschaft umgewandelt. Heute importieren wie weniger als 20 Prozent landwirtschaftlicher Produkte von außerhalb der EU und schmeißen weniger subventioniertes Essen auf den Mist.

Aber schauen wir uns doch einmal bei uns um: Im Main-Kinzig-Kreis werden über 45.000 Hektar landwirtschaftlich genutzt. Das entspricht einer Fläche von knapp 64.000 Fußballfeldern. Betriebe, die mehr als 80 Hektar Land benutzen, gelten als großbäuerliche Betriebe. Im Main-Kinzig-Kreis sind es etwa 200, im Bergwinkel zwischen 70 und 80 Betriebe. Die meisten der über 1.100 Betriebe im Kreis und knapp 500 im Bergwinkel sind kleinbäuerlicher oder mittelbäuerlicher Art. Das wir die Landwirtschaft in der Region fördern müssen ist unumstritten, der Knackpunkt ist das Wie! Um die Landwirtschaft nachhaltig zu fördern, müssen die regionalen Wirtschaftskreisläufe wiederbelebt und ausgebaut werden. Dafür müssten wir regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsbemühungen stärker fördern – also Betriebe, die sich nicht nur auf die Produktion beschränken, sondern Kulturlandschaft und soziales Leben gestalten.

Eine Eurobarometer-Umfrage hat ergeben, dass knapp 80 Prozent der deutschen Bürger Direktzahlungen an die Landwirtschaft an Umweltauflagen knüpfen wollen. Nur jeder Zehnte sprach sich für Subventionen ohne Gegenleistung aus. Die EU-Subventionen an die Landwirtschaft sind größtenteils gerechtfertigt, müssen jedoch gegenüber der Gesellschaft legitimiert werden. Ökologische Landwirtschaft erfüllt diese Kriterien, aber hat ein kleiner Landwirt gegenüber der konventionellen Landwirtschaft wirklich eine Chance? Also fördern wir ihn und machen ihn fit!