
Am Freitag nahm ich an der letzten Sitzung des Umweltausschusses des alten Hessischen Landtags teil. Am Samstag tagte dann das erste Mal der neue Landtag. Sie stellen nun wahrscheinlich zu Recht fest, dass doch bereits Ende September 2013 gewählt wurde. Das stimmt und es folgten vier lange Monate. In dieser Zeit war der Ein oder Andere gewählt und durfte noch nicht im Landtag arbeiten oder war abgewählt und musste noch im Landtag arbeiten. So musste sich Umweltministerin Puttrich noch am Freitag für ein Gerichtsurteil zu dem von ihr versemmelten Atomausstieg rechtfertigen und einen Tag später war sie schon Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten. So ist es im Leben: Der eine fällt nach oben und der andere nach unten. Und ganz andere wiederum fallen in ein Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten. Der Abgeordnete Heinz Lotz sitzt übrigens immer noch auf seinem vertrauten Platz im Landtag und ich fühle mich dort pudelwohl. So auch am Samstag.
Und dann trat Volker Bouffier, Ministerpräsident von August 2010 bis Januar 2014, gegen Max Mustermann an. Eine Sensation. Aber wer ist eigentlich Max Mustermann? Ich habe mich ein bisschen für Sie umgehört:
Der (zumindest außerhalb Hessens) fiktive Max Mustermann ist ein Verwandter der deutlich bekannteren (ebenfalls ausgedachten) Erika Mustermann. Auch auf sie lohnt sich ein Blick, denn vielleicht wird sie mal Ministerpräsidentin. Frau Mustermann (geborene Gabler) ziert über fünf Personal- und Reisepass-Muster seit 1982. Außerdem ist sie im Besitz eines Truppenausweises der Bundeswehr und mindestens eines Führerscheines. Dabei ändert sie häufig ihr Aussehen und Geburtsdatum. Ihr aktuelles Bild ziert auch die Musterausweise von Emine Kartal, Natasha Raskolnikowa, Irina Bulgakowa oder Shkurte Salihu. Vermutlich ist sie also Agentin. Übrigens ist eine Frau Namens Susanne Muster auf einer ADAC-Muster-Mitgliedskarte abgebildet. Wenn ich raten müsste, dann würde ich vermuten, dass ihr Lieblingswagen ein Golf ist. Aber lassen wir das lieber.
Max Mustermann wurde bislang nur auf einem Muster einer 2006 einführten EG-Fahrerkarte abgedruckt. Geboren ist er demnach am 1. Februar 1976. Dem Muster zufolge war er mindestens bis Ende 2011 Berufskraftfahrer. 2010 erschien das Buch „Ändere das Spiel. Die Transformation der IBM in Deutschland und was wir daraus lernen können“ – nach Angaben des Verlages geschrieben von Max Mustermann. Laut Klappentext ist es ein flammendes Plädoyer für mehr Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein.
Danach verschwimmen für ein paar Jahre seine Spuren, aber er ist vermutlich still und heimlich Politiker in Hessen geworden. Mir ist er in den vergangenen Jahren nicht in der Landeshauptstadt aufgefallen, aber am Samstag stand er plötzlich auf drei Stimmzetteln. Zwei wurden rechtzeitig ausfindig gemacht und durch „Volker Bouffier“ Stimmzettel ausgetauscht. Ein „Max Mustermann“ Stimmzettel wurde jedoch an einen einzelnen Landtagsabgeordneten ausgehändigt, der dann auch noch prompt Max Mustermann wählte. Was sagt uns das über die eine Person aus, die offensichtlich anschließend im erneuten Wahlgang Volker Bouffier wählte? Soviel wissen wir: Es ist entweder jemand von der CDU, den Grünen oder es ist die eine unbekannte Person aus den Oppositionsreihen, die für Volker Bouffier gestimmt hat. Fast komme ich mir vor, wie Derrick im Landtag, denn ich habe den ein oder anderen Verdacht, wer Max Mustermann gewählt haben könnte. Glauben Sie mir, ich werde mich sehr zusammenreißen müssen nicht in Gelächter auszubrechen, wenn ich die betroffenen Personen auf den Fluren des Landtags oder im hier im Wahlkreis begegne.
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat einmal gesagt: Opposition ist Mist. Ich schätze Franz, aber hier gebe ich ihm nicht zu 100% Recht. Natürlich will jeder Politiker regieren, um seine Vorstellung, wie wir in Hessen leben könnten, umsetzen zu können. Aber wenn das im Landtag so weiter geht, dann brauchen wir eine gute Opposition, die ihren Job gut und gerne macht.