
Kaum jemand will Gentechnik auf seinem Teller – übrigens auch nicht indirekt über das Tierfutter. Als landwirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion durfte ich im Landtag zur Regierungserklärung von Ministerin Hinz reden. Sie kündigte den Beitritt Hessens in das Europäische Netzwerk gentechnikfreier Regionen an. Das ist gut und umso erfreulicher ist es, dass der Bundesrat noch vor den Osterferien beschlossen hat, den Anbau von gentechnisch verändertem Mais nicht zuzulassen. So sieht eine klare Haltung aus. Man sollte doch denken, dass man entweder mit „Ja, bin für Genmais“ oder mit „Nein, ich mag Genmais nicht“ antworten darf. Aber ist das tatsächlich so? Wenn man sich die Debatte um den umstrittenen Gentechnik-Mais 1507 noch mal vor Augen führt, wird man schnell eines besseren belehrt. SPD und CSU sind in der Bundesregierung gegen Genmais. Die CDU ist dafür. Und was vereinbaren regierenden Parteien üblicherweise, wie man in der EU abstimmt, wenn einer für etwas und der andere dagegen sein sollte? Wir enthalten uns. Deutschland enthält sich also beim Genmais und plötzlich kommt keine qualifizierte Mehrheit in Brüssel zustande. 25 EU-Mitgliedsstaaten sind gegen Genmais oder haben sich enthalten und nur Großbritannien, Schweden und Spanien sind für Genmais. Jede Klassensprecherwahl wäre damit entschieden, aber nicht eine Abstimmung der EU. Hier ist man nicht dafür, aber auch nicht dagegen. Das EU-Parlament hat sich da eindeutiger positioniert und anschließend mit überwältigender Mehrheit gegen Genmais abgestimmt. Ich würde ja jetzt „Hurra“ rufen, es gibt aber keinen Grund. Denn die EU-Abgeordneten dürfen da nicht entscheiden. Dafür ist die EU-Kommission zuständig, von der man weiß, dass sie den Genmais durchboxt.
Über Umwege können wir durch den Beschluss des Bundesrates vielleicht doch noch den Anbau von Genmais verhindern. Zu aller erst soll sich demnach die Bundesregierung in Brüssel für ein generelles Anbauverbot gentechnisch veränderter Pflanzen aussprechen. Dieser Zug ist meines Erachtens leider schon abgefahren. Weil der Bundesrat das ahnt, hat er beschlossen, notfalls eine Ausstiegsklausel – ein sogenanntes Opt-out Verfahren – zu ermöglichen. Die Bundesregierung soll sich demnach dafür einsetzen, dass einzelne EU-Staaten ein Anbauverbot erwirken dürfen. Bislang hatten sich Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Belgien gegen ein solches Verfahren ausgesprochen. Großbritannien und Frankreich haben ihre Ablehnung mittlerweile aufgeben. Ein nationales Opt-out-Verfahren ist also wieder in greifbarer Nähe.
Alles schön und gut, es sollte uns aber auch ganz klar sein, dass das nicht der Königsweg ist. Diese Entscheidung bedeutet, dass für die 25 Staaten die prinzipiell kein Genmais wollen eine Ausnahmeregelung geschaffen werden soll, weil drei Staaten unbedingt Genmais anbauen wollen. Das zäumt doch den Gaul von hinten auf. Warum schafft man nicht von vorneherein statt eines Opt-out-Verfahrens ein Opt-in-Verfahren für Großbritannien, Schweden und Spanien? Sollen doch die Staaten, die sich ihre Landwirtschaft unbedingt mit Gentechnik verschandeln wollen, um eine Ausnahme kümmern und nicht umgekehrt.
Ich hoffe wirklich, dass die Landesregierung bei ihrer Haltung zum gentechnikfreien Hessen bleibt und es sich die CDU nicht doch noch anders überlegt. Den frei von Gentechnik zu sein bedeutet weit mehr, als auf den umstrittenen Genmais 1507 zu verzichten. Genau genommen müssten wir auch davon wegkommen, Gentechnik im Tierfutter zu verwenden. Im Februar kündigte der Geflügelkontor Wiesenhof an, seinen Tieren ab sofort gentechnisch verändertes Soja ins Futter zu mischen. Auch McDonalds erlaubt seinen Hähnchenlieferanten seit kurzem wieder gentechnisch verändertes Sojamehl und Mais zu verfüttern. Das Fast-Food Unternehmen begründete seine Entscheidung mit dem Preis. Gentechnikfreie Lebensmittel in Hessen? Das klappt nur wenn alle mitziehen: Politik, Landwirtschaft, Lebensmittelhersteller, Vermarkter und Verbraucher.