Heinz Lotz: Integration als Herkulesaufgabe

Herkules tötete im Wahnsinn seine Frau und seine Kinder. Um seine Schuld zu sühnen musste er König Eurystheus dienen. Dieser wiederum stellte ihn vor zwölf schier unlösbare Aufgaben – danach wurde die Herkulesaufgabe benannt. Ich bin sehr froh, dass die Kinzigtal-Nachrichten das heutige Thema so formuliert haben: „Integration als neue Herkulesaufgabe: Wie viele zusätzliche Lehrer, Polizisten und Verwaltungsbeamte braucht das Land“. Denn auf unserem Volk lasten, wie auf Herkules, schlimme Taten der Vergangenheit. Auch wenn die jüngeren Generationen nicht an den Gräueltaten im Nationalsozialismus beteiligt waren, tragen wir eine historische Verantwortung. Aktuell kann man sagen, dass unser Volk beide Seiten erlebt hat: Wir haben vertrieben und wir waren Vertriebene. Auch darin sehe ich einen Grund für die große Hilfsbereitschaft für die Flüchtlinge, die Allerorts stattfindet.

Die Integration der Flüchtlinge ist durch die furchtbaren Anschläge in Paris definitiv schwerer geworden. Leider ist festzustellen, dass zahlreichen Politikern, wie CSU-Mann Söder oder der eine oder andere Pegida-Sprecher offensichtlich sämtliche Sicherungen durchgebrannt sind. Während der eine von einer neuen Ära spricht, sieht der andere in jedem Flüchtling einen Terroristen. Helfen diese Parolen bei der Integration? Sicherlich nicht. Diese Politiker reagieren jedoch genau so, wie es sich die Terroristen – diese Menschenfeinde – wünschen und tappen damit in eine Falle. Bewusst spielt die IS mit solchen Vorurteilen, damit sich durch die Hetze von Pegida und Co. Muslime in Deutschland eher ausgegrenzt fühlen und leichter zu rekrutieren sind. Oh Herkules, wo bist du, wenn man dich braucht? Wollen wir den Terroristen schaden, dann müssen wir uns mehr denn je menschlich gegenüber Flüchtlingen verhalten. Wir müssen mehr denn je an einer gelungenen Integration arbeiten. So schlicht es sich anhört: Die Flüchtlinge müssen wissen, dass wir die guten Menschen sind und die Dschihadisten die Bösen!

Umgekehrt gilt das auch für uns. Wir haben die Verantwortung die Demokratie zu stärken und diejenigen zu bestärken, die sich aktiv für Flüchtlinge einsetzen. Da ist es nicht hilfreich, wenn der Bürgermeister aus Steinau vor einer drohenden Beschlagnahmung von sozialen Gemeinschaftseinrichtungen für Flüchtlingsunterkünfte warnt, obwohl diese nicht zur Diskussion stehen. Damit werden grundlos Ängste geschürt, auch wenn Herr Uffeln das so sicher nicht geplant hat. Ich verteidige ja selten die Landesregierung, aber sie hat ganz klar gemacht, dass eine Beschlagnahmung von Immobilien durch das Land nicht vorgesehen ist. Es muss immer und immer wieder wiederholt werden, dass besonders Akzeptanz zu einer gelungenen Integration gehört. Diese gelingt nicht, wenn man ungelegte Eier kommentiert. Oder um ein anderes Sprichwort zu bemühen: Bitte nicht den Teufel an die Wand malen.

Auf einer anderen Seite stehe ich Bürgermeister Uffeln wieder ein Stückchen näher. Damit Integration gelingt, dürfen die Städte und Gemeinden nicht alleine gelassen werden. Sie tragen heute den größten Anteil an der Betreuung und Unterbringung der ankommenden Flüchtlinge. Am gestrigen Dienstag stellte die Hessische Landesregierung ihren Aktionsplan zur Bewältigung der Flüchtlingskrise in Hessen vor. 500 Millionen Euro will das Land für Unterbringung, Sprachunterricht, Schul- und Berufsausbildung, Arbeitsvermittlung und die Vermittlung von Grundwerten zuschießen. Auch im Polizeibereich zeigen sich erste Entlastungen. Es hat zwar eine Weile gedauert, aber es geht in die richtige Richtung. So hat das Papier immer noch seine Schwächen beim Wohnungsbau. Nichts desto trotz, muss derjenige, der einen Weg in unsere Gesellschaft finden will, Deutsch lernen. Wir müssen den Flüchtlingskindern die Chance geben, Freundschaften mit unseren Kindern zu schließen. Nur so gelingt Integration. Es heißt auch deswegen Herkulesaufgabe, weil der Protagonist die Aufgaben, die am Anfang unüberwindbar wirkten, am Ende bewältigt hat. Ein guter Gedanke.