Heinz Lotz (SPD): … nach der Kommunalwahl

Heinz Lotz, Mitglied des Hessischen Landtags

Um es salopp zu formulieren: Das Ergebnis der Kommunalwahlen ist krass. Vom Hocker reißt es mich jedoch nicht. Bei der vergangenen Kommunalwahl war es die fürchterliche Katastrophe in Fukushima. Völlig aus dem Nichts hat es die Parteienlandschaft in Hessen einmal ordentlich durchgeschüttelt. Das sehr gute Abschneiden der Grünen 2011 hat die schwarz-grüne Koalition in Hessen Ende 2013 erst möglich gemacht. 2016 haben wir erneut ein Thema, das wir in unseren Rathäusern nicht verändern können. Das beherrschende Thema bei dieser Wahl war die Flüchtlingspolitik. Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Ist irgendwer überrascht? Wenn nun die Bildzeitung titelt „Rechter Wahlschock in Hessen“, ist das dann so? Ein Schock hat man dann, wenn etwas unerwartet kommt. Das war doch nicht unerwartet. Schon seit Monaten befinden sich die etablierten Parteien in den Städten, Gemeinden und Landkreisen in einem Wettlauf. Einen Rennen darum, den Menschen vor Ort klar zu machen, dass Kommunalwahlen die denkbar schlechteste Variante für Denkzettel-Wahlen sind. Nicht nur die SPD hat geackert und sich die Hacken abgelaufen, um für die Politik in den Orten zu werben.

Es gibt an diesen Wahlen weiß Gott nichts schön zu reden. Wie kann eine Partei, die Null Komma Null Ahnung von Kommunalpolitik hat, derartig gut abschneiden? Nehmen wir meine Heimatstadt Steinau. Im Rathaus am Kumpen wird nicht über die Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik Deutschland entschieden. Auch nicht in Schlüchtern, Sinntal oder Bad Soden-Salmünster. Genauso wenig im Kreistag. Dennoch hat dieses Thema das Wahlergebnis massiv beeinflusst. Die erste Sitzung der SPD-Landtagsfraktion hat ja bereits stattgefunden und so kann ich Ihnen versichern, dass diese Wahl definitiv Konsequenzen für die SPD-Landespolitik haben wird. Aber wer sich nun von der rechten Seite die Hände reibt, muss ich enttäuschen: An Menschlichkeit wird es uns auch in Zukunft nicht mangeln. Wir werden nicht kapitulieren und den Schießbefehl an den Grenzen fordern. Insbesondere CDU und CSU sollten auf Bundesebene endlich ihren dämlichen Streit in der Flüchtlingsfrage beilegen und Lösungen nicht weiter blockieren. Ein Ergebnis der Kommunalwahlen ist, dass dieser Streit am Ende nur den radikalen politischen Kräften am rechten Rand nutzt, die bewusst Vorurteile gegen Menschen schüren, die bei uns Schutz vor Krieg, Vertreibung und Hunger suchen. Es ist eine der maßgeblichen Konsequenzen aus den Kommunalwahlen, dass die Politik klarere Antworten liefern muss. Wir müssen deutlicher zeigen, wofür wir stehen. Klare Kante, wie Franz Müntefering einst sagte. Neben Landrat Erich Pipa, der klare Kante beherrscht wie kaum ein Zweiter, ist ein Beispiel dafür die Nachbarstadt Gelnhausen. Hier hat der Bürgermeister von Anfang an eine klare Kante gezeigt. Ohne viel Tamtam hat er nicht links und rechts nach den Umfragen geschielt, sondern er ist dem Prinzip der Menschlichkeit gefolgt. Die Stadt hat mehr Flüchtlinge als vielerorts aufgenommen und dennoch hat hier die AfD kreisweit eines ihrer schlechtesten Ergebnisse erzielt. Bürgermeister Stolz ist es gelungen, die kommunalen Themen in den Vordergrund zu stellen.

Es gibt aber nach diesen Wahlen auch noch weitere harte Nüsse zu knacken: Wir werden uns darüber unterhalten müssen, wie wir die Kommunalwahlen für die Wählerschaft attraktiver machen. Es kann ja unmöglich vor jeder Kommunalwahl in Hessen irgendein Krieg oder eine Naturkatastrophe mit atomaren Folgen ausbrechen, um die Wählerinnen und Wähler an die Urne zu bringen. Auch wenn es aus meiner Sicht Demokratie pur ist, müssen wir das komplizierte Kommunalwahlrecht auf den Prüfstand stellen. Wir müssen uns fragen, ob es die Menschen vielleicht eher abschreckt.

Fazit: Ja, die Kommunalwahl ist ein Stimmungstest für die Landespolitik. Es gibt jedoch genug Beispiele die uns zeigen, dass wir weniger auf Umfragewerte schielen sollten und mehr klare Kante zeigen müssen. Lasst uns jetzt bloß nicht über dieses Wahlergebnis jammern!