Heinz Lotz: Wo Polizei drauf steht, muss auch Polizei drin sein

Heinz Lotz, Mitglied des Hessischen Landtags

Verhindern wir Wohnungseinbrüche durch mehr Wachpolizei? Über diese Frage haben wir auch vergangene Woche im Landtag gestritten. Um es direkt am Anfang klar zu stellen: Ich respektiere die harte Arbeit der rund 600 hessischen Wachpolizisten. Man kann Wachpolizei für eng umgrenzte Aufgaben einsetzen. Zusätzlich zu ausgebildeten Polizeibeamten. Aber nicht statt diesen. Wachpolizisten sind kein geeigneter Ersatz für den klassischen Polizeibeamten. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Wo Polizei drauf steht, erwarte ich, dass Polizei drin ist. Wenn internationale Banden unsere Wohnungen leer räumen, dann darf ich doch bitteschön erwarten, dass gut ausgebildete Profis sich der Sache annehmen. Ein Wachpolizist absolviert eine 18-wöchige Ausbildung. Ohne ihnen persönlich zu nahe treten zu wollen, aber sie sind schlichtweg keine geeignete Alternative zur gut ausgebildeten Polizei. Es ist doch bekannt, dass die Personalsituation bei der hessischen Polizei schlecht ist. Da gibt es nichts schön zu reden!

Hessenweit haben sich über 3 Millionen Überstunden bei den Polizeibeamten angehäuft. Das ist furchtbar und wir dürfen nicht ernsthaft glauben, dass es an der Polizeistation in Schlüchtern vorbeigegangen ist. Aus diesem Grund habe ich in einer kleinen Anfrage die Landesregierung gefragt, wie eigentlich die Situation hier vor Ort aussieht. Das Ergebnis hat mich negativ überrascht. Allein in Schlüchtern haben die Polizeibeamten aktuell 9.920 Stunden auf der hohen Kante – bei 33 Polizeibeamten, wohl gemerkt. Das ist aber längst nicht alles: Seit der sogenannten „Operation sichere Zukunft“ der Regierung Koch wurde nämlich die Arbeitszeit der Beamten von 38,5 Stunden in der Woche auf 42 Stunden aufgestockt. So kommt es, das oben drauf und in keiner Statistik auftauchend sich allein in Schlüchtern seit 2004 über 12.000 Stunden an verdeckten Überstunden angesammelt haben . Die Aufstockung der Wochenstunden bedeutet pro Polizeibeamten vier Wochen Mehrarbeit im Jahr. Im gleichen Atemzug wurde bei den Tarifbeschäftigten in den Polizeistationen kräftig gespart. Hatte Schlüchtern 2005 noch 2,5 Stellen für Tarifbeschäftigte, ist es heute nur noch eine Stelle. Hessenweit wurden so über 145 dieser Stellen gestrichen. Schriftverkehr und Anfragen, personelle Dinge und verschiedene Sachbearbeitungen sind aber im Gegenzug nicht weniger geworden. Im Gegenteil. Der große Appetit der Bürokratie auf Formulare und Papier hat auch von den Polizeistuben nicht halt gemacht. Anstatt Streife zu fahren, sitzen nun einige Polizeibeamten am Schreibtisch, um die Arbeit der gestrichenen Tarifbeschäftigten zu erledigen.

Und während dann von Bundesinnenminister der Ruf nach mehr Wachpolizisten ertönt, lachen sich die Einbrecher derweil ins Fäustchen.

Um Wohnungskriminalität wirksam bekämpfen zu können, braucht es Streifenpräsenz in besonders gefährdeten Gegenden. Das müssen gut ausgebildete Polizeibeamte machen. In der ganzen Diskussion muss man jedoch auch ehrlicherweise sagen, dass sich die Lage in den letzten 20 Jahren deutlich verbessert hat. Mitte der 90er Jahre zählten wir in Hessen zirka 18.000 Einbrüche oder Versuche. Weniger als 10% wurden damals aufgeklärt. Die Lage verbesserte sich bis zum Jahr 2004. Seitdem steigen die Delikte jedoch wieder an (welche Ironie, dass in diesem Jahr die „Operation sichere Zukunft“ aus der Taufe gehoben wurde). Im vergangenen Jahr wurden schließlich wieder mehr als 11.500 Einbrüche-Straftaten registriert. In 5.000 Fällen scheiterten jedoch die Einbrecher. Das wäre doch mal ein Ansatzpunkt. Wir brauchen ausreichend qualifiziertes Personal, das Wohnungseigentümer und Mieter bei der Prävention berät. Leider ist die hessische Polizei insgesamt nicht gut genug ausgestattet. So bleibt es dabei: Nicht ein Mehr an Wachpolizisten kann die Arbeit der Polizei übernehmen, sondern nur Polizisten können die Arbeit von Polizisten übernehmen. Genauso wie man erwarten darf, dass der Metzger ein Metzger ist und der behandelnde Arzt ein Arzt.