Landwirtschaft und Politik im Dialog. So lässt sich mit wenigen Worten das Treffen des südhessischen SPD-Arbeitskreises „Landwirtschaft und ländlicher Raum“ mit Vertretern des Regionalbauernverbands Starkenburg beschreiben, das auf dem 120-Hektar Betrieb von Karlheinz Rück in Roßdorf bei Darmstadt interessante und lebhafte Diskussionen auslöste. Es präsentierte sich die Bandbreite der gesamten südhessischen Landwirtschaft, denn zu dem Verband mit Dr. Willi Billau an der Spitze gehören die Landkreise Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, der Odenwaldkreis und der Landkreis Offenbach, die durch die Kreislandwirte Hans Trumpfheller (Odenwald), Werner Wald (Groß-Gerau), Norbert Zöller (Kreis Offenbach), Wolfgang Dörr sowie den Vorsitzenden der Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“, Axel Strauß der Einladung gefolgt waren. Prominent vertreten waren auch die Sozialdemokraten und Joachim Diesner, Sprecher des Arbeitskreises, konnte die Landtagsabgeordneten Heike Hoffmann, Kerstin Geis und Heinz Lotz, den agrarpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, begrüßen. Den hohen Stellenwert der örtlichen Landwirtschaft bestätigte die Bürgermeisterin von Roßdorf, Christel Sprößler, die klimagerecht mit dem E-Bike aus dem Rathaus anreiste.
Hohe Regelungsdichte
Die Situation der Landwirtschaft rückt wieder stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit, denn die Erzeugung von Nahrungsmittel steht auch im Zentrum der derzeitigen Klimadiskussion. Vor wenigen Tagen hat auf Bundesebene die „Zukunftskommission Landwirtschaft“, eine interdisziplinäre Gruppe aus Landwirtschaft, Umweltschutz und Verbrauchern einen 170-Seiten-Bericht vorgelegt, mit Empfehlungen für eine naturverträgliche, sozial gerechte und ökonomisch tragfähige Landwirtschaft. Auch in Südhessen, bekannt als landwirtschaftlicher Gunststandort, gibt es einige Sorgenfalten bei den Betriebsleitern. Durch die immer größere Regelungsdichte und Bewirtschaftungseinschränkungen, oft an den Erfordernissen der Bauern vorbei, stellt sich bei vielen jungen Landwirten die Frage, nach der Weiterführung des elterlichen Betriebes. Zu schaffen macht uns auch der fortschreitende Flächenverlust guter Ackerböden für neue Siedlungen, Verkehrsflächen oder für den Naturschutz, erläutert Dr. Willi Billau, denn diese sind für immer verloren.
Regionale Vermarktung stärken
Als Chance wird der Trend der Verbraucher zum Kauf regionaler Produkte gesehen. Viele Supermarktketten bieten mittlerweile ein regionales Sortiment an. In Ballungsraumnähe sind ohnehin die landwirtschaftlichen Direktvermarkter sehr stark. Dazu gehören viel Kraft und ein breites Produktsortiment. Eine 100-Stunden-Woche ist für viele von uns Alltag, berichtet ein Gesprächsteilnehmer. Ein Punkt der auch Joachim Diesner beschäftigte, denn die Politik kümmert sich schwerpunktmäßig um die Arbeitnehmer in der Landwirtschaft, was auch gut sei, aber die knapp eine Million Familienmitglieder, die in Deutschland auf eigenen Betrieben arbeiten, haben keine Lobby.
Diskutiert wurde ein breites Themenspektrum. Die Erhaltung oder Schaffung kleiner Schlachtstätten, die Auswirkungen der Ökomodellregionen, das Insektensterben, welches oft den Bauern angelastet wird, obwohl es hier vielfältige Ursachen gibt, die Unterrichtung über gesunde Ernährung in den Schulen und auch das Verhältnis der Landwirtschaft zu den Medien. Viel Stoff und sehr interessant für die Abgeordneten und die Arbeitskreismitglieder, denn das ist das Ziel des Termins. Wir wollen den Kontakt zur Praxis, mit Kooperation statt Konfrontation, erklärte dazu auch Heinz Lotz zum Abschluss.
Ein florierendes landwirtschaftliches Unternehmen
Aufschlussreich auch der Betriebsrundgang auf dem Rosenhof, auf dem die Rück GbR wirtschaftet. Karlheinz Rück ist Kreislandwirt in Darmstadt-Dieburg und vor Ort engagiert er sich als Parteiloser für die SPD im Gemeindevorstand als Erster Beigeordneter. Sein Betrieb mit 118 Hektar Fläche und rund 100 Milchkühen befand sich in den letzten Jahren auf einem starken Expansionskurs. Bereits 1968 errichtete er einen der ersten Boxenlaufställe mit Fischgrätenmelkstand in Hessen. Doch es ging weiter. 2010 folgte ein moderner Liegeboxenstall für 100 Kühe mit einem 1.400-Qubikmeter-Güllelager und einem größeren Melkstand. Heute, unter diesen Rahmenbedingungen, würde ich mir diese Investition noch einmal genau überlegen, kommentierte der Betriebsleiter bei dem Rundgang. Insgesamt ein florierendes gut funktionierendes Unternehmen, wie Joachim Diesner zum Abschluss feststellte, dem er eine gute Zukunft wünschte.